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Jung Hyun Gallery

Ul, Piłsudskiego 74, 312C, Wrocław, Poland

 

 

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Kwang Lee

Kwang Lee umkreist in ihrer Malerei christliche Symbole, Paraphrasen auf Goya und Studien von Wasser und Licht. Es entwickeln sich während des Malvorganges ihre Formen zu tief empfundenen und oft fast abstrakten Kompositionen, wobei die Themen Mitleid und Heilung der Seele das geistige Fundament bilden.

Die in Korea geborene Kwang Lee studierte Malerei in Seoul und Düsseldorf, war Assistentin und Meisterschülerin bei Prof. Markus Lüpertz. Die Ausstellung in Oberstdorf zeigt als Retrospektive die Entwicklung ihrer Malerei. Figuration und Abstraktion wechseln sich in den frühen Bildern ab. Oft scheint die Welt durch dynamische Farb- und Formexplosionen zerstört und in Trümmern zu liegen und Gegenständliches ist nicht mehr zu erkennen. Mit der Anlehnung an Figuren von Grünewald, Goya, van Gogh und Francis Bacon tauchen danach Leid und Schmerz in den Arbeiten auf. Der gequält gezeigte Mensch erfordert die Einfühlung des Betrachters in den ewigen Kreislauf menschlicher Erniedrigung. Neue Bilder von 2022 nehmen mit der Serie „Schwarze Pieta“ diese Thematik gemildert im christlichen Kontext wieder auf. Es folgen diesem Tal der Schmerzen Bilderserien einer poetisch verzauberten Natur. Berliner Seeen und Davoser Berge bilden die Motive, doch mittels Malerei bekommen sie einen entrückten Farbklang, der beruhigte Ebenen des Betrachtens erreichen will.
Diese Zonen des Erlebens versucht die „Nirwana“ – Serie zu intensivieren. Parallel zur Musik entstanden z. B. in einer Art Schamanentanz der Performancemalerei „Kwangpunglyu“ wellenförmige Pinselüberlagerungen von Licht- und Wasserspuren, die eine Entgrenzung und Auflösung des Ichs anstreben im Sinne buddhistischer Lebensweisheiten. Ziel ist es, die leidende Seele des Menschen zu befreien.

Friedemann Grieshaber

Friedemann Grieshaber thematisiert mit seinen Skulpturen den Raum, komprimiert in Figur und Architektur. Dabei untersucht er formale Beziehungen von Innen und Außen und ergründet – im Prozess des Ordnens und der geistigen Durchdringung – den Bildcharakter und die plastische Dimension einfacher Baustoffe.

Friedemann Grieshaber wurde 1968 in Ravensburg geboren, lebt und arbeitet nach einem Studium der Bildhauerei (Stuttgart und Berlin) in Berlin-Pankow.Arbeiten von ihm befinden sich in öffentlichen und privaten Sammlungen. Strenge Formationen bestimmen den Kosmos dieses Künstlers. Er bearbeitet Raum mit den grundlegenden Erlebnisbereichen des Innen und Außen. Ein- und Ausblicke im Haus sind jedem Betrachter geläufig. Die Zusammenfügung von Figur und Architektur betont Gemeinsamkeiten in Aufbau und Tektonik, bekannt seit der Antike, der Renaissance und der Moderne. Dabei verstärken die Materialien Beton, Eisen und Bronze die strenge Komposition. Höhe, Breite und Tiefe, die Grundlagen des euklidischen Raumes und damit des Bauens schlechthin, werden fast puristisch vorgeführt. Ornament wäre ein Verbrechen. Ordnung und Formung beherrschen in vielen Variationsmöglichkeiten das Tun ihres Schöpfers. Die Balance von vor und zurück, von oben und unten erzeugt hoffentlich auch im Kunsthaus Villa Jauss Freude und Erstaunen beim Betrachter.

 

Ausstellung „Black Pieta“ in Seoul

 

Ein zeitgenössisches religiöses Gemälde, das den Schmerz und die Wunden der Schwachen heilt

Gwangjin Choi (Kunstkritiker)

  

Vor der Moderne widmete sich die Kunst überwiegend religiösen Themen, motivisch lagen diesen Werken, die als Schmuck für Gotteshäuser oder zum Zweck der Missionierung geschaffen wurden, die Erzählungen der Heiligen Schriften zugrunde. Gnadenbilder von Heiligen, die über dem gemeinen Volk standen, folgten einer bestimmten Ikonografie, oder es handelte sich um die ästhetisierende Darstellung von Anekdoten aus ihren Leben. Aber kann mit solchen religiösen Ikonen und anekdotischen Darstellungen tatsächlich das Wesen einer Religion, das in Werten wie Liebe und Barmherzigkeit besteht, zum Ausdruck gebracht werden? Im Christentum wurde einst das sogenannte „ikonoklastische Verdikt“ erlassen, weil man befürchtete, dass solche Ikonen zu Götzenbildern werden könnten, die das Wesen der Religion entstellen.

Die Künstler der Moderne versuchten, sich von der Tradition einer im Dienst der Religion stehenden Malerei zu lösen, indem sie im Namen der Autonomie der Kunst die jeweilige soziale Realität oder die eigene Innenwelt in den Fokus ihrer Arbeit rückten. Das Werk der in Berlin lebenden und arbeitenden Künstlerin Kwang Lee zeichnet sich jedoch durch eine moderne Fortführung der Tradition der religiösen Malerei unter Rückgriff auf ein viele Jahrhunderte altes Motiv der christlichen Kunst aus: die Pietà. Insofern sie nicht im Dienst der Vermittlung christlicher Lehren steht, sondern die religiösen Gefühle der Künstlerin zum Ausdruck bringt, zeigt Lees religiöse Malerei Merkmale des Neo-Expressionismus. Bei den religiösen Gefühlen, denen das Streben der Künstlerin gilt, handelt es sich um eine ganz grundsätzliche Menschlichkeit, die in einem Zustand, in dem die Unterscheidung zwischen dem Selbst und dem Anderen aufgehoben ist, Liebe und Vergebung sowie Mitgefühl mit den Schwachen ermöglicht.

Dass sie diese religiösen Gefühle zum Gegenstand ihrer Kunst machte, hängt ursächlich mit einer Reise nach Indien während ihrer Studienzeit zusammen, die sie als schicksalhaft erlebte. Als es sie auf dieser Reise einmal durch Zufall in ein Dorf verschlug, in dem bittere Armut herrschte, erlebte sie dort den Anblick von Menschen, die auf der Straße liegend verendeten, als tiefen Schock. Und während sie in Indien die historischen Wirkungsstätten hinduistischer Gottheiten und des Buddha Gautama bereiste, dachte sie tiefer über das menschliche Leiden und das Wesen von Religion nach.

Seither hegt sie ein anderes Mitgefühl für von den Herrschenden ausgebeutete schwarze Arbeiter, für Flüchtlinge, die aus der Heimat vertrieben ziellos umherirren, für sozial Benachteiligte, die unter Armut und Krankheit leiden. Dieses Mitgefühl scheint auch mit ihrer unglücklichen Familiengeschichte zu tun zu haben. Sie empfand tiefes Mitgefühl für ihre Mutter, die, ein Leben lang unter der Fuchtel ihres gewalttätigen Vaters stehend, ihren Lebensunterhalt als Fabrikarbeiterin verdiente. Durch Liebe und Vergebung gelang es der Künstlerin schließlich, sich von dem intensiven psychischen Schmerz der unglücklichen Familiengeschichte zu befreien und Seelenfrieden und Freiheit zu erlangen, was zum Gegenstand ihrer Arbeit wurde.

Dieser Hintergrund erinnert mich an den französisch-jüdischen Philosophen Emmanuel Levinas, der den Völkermord an den Juden miterlebt hatte und die Frage des leidenden „Anderen“ zum Gegenstand seiner Philosophie machte. Levinas fand im leidenden Benachteiligten das „Antlitz Gottes“ und argumentierte, Ethik beginne dort, wo das Ich in Hinwendung zum leidenden „Anderen“ transzendiert würde. So wie Levinas das Bild Gottes im Angesicht des leidenden „Anderen“ fand, läßt Lee in ihrer Pietà ausgebeutete Schwarzafrikaner die Rollen der Heiligen Jungfrau Maria und Jesu einnehmen. Hinzu kommen Gestalten aus ihrer eigenen, dem Unbewussten entsprungenen Fantasie, wie zum Beispiel sich windende Drachenschwänze oder Satyrn.

Diese Werke, in denen Schmerz und Jubel, Tod und Auferstehung, Bewusstsein und Bewusstlosigkeit koexistieren, sind wie die Wandmalereien des historischen koreanischen Königreichs Goguryeo voller menschlicher Wärme und Energie. Was die Aufmerksamkeit des Betrachters erregt, sind keine religiösen Anekdoten, sondern eine intensive Energie, die leidende und verletzte Herzen reinigt und heilt. Wie eine Schamanin in einem exorzistischen Ritual, nimmt die Künstlerin die Gewalttätigkeit und Mordgier der Gesellschaft in sich auf, um die Seele davon zu reinigen und zu heilen. Kwang Lees Werk, in dem Mechanismen zur Anwendung kommen, die dem sogenannten Salpuri verwandt sind, einem Tanz, der Traumata und den verkrusteten Schmerz lange erduldeter Unterdrückung zu lösen vermag, steht im Einklang mit der tief verwurzelten schamanistischen Tradition Koreas.